Autor: Dr. Wendelin Kellner
Ungewöhnliche und irreguläre Römermünzen (Teil 30)
Die Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert kann man „Zeit der römischen Kinderkaiser“ nennen. Die Bilder auf den Münzen verraten uns nicht viel vom Alter der Prinzen, aber die historischen Quellen betonen diese Kindheit. „Ich muss dich bitten und beschwören und freimütig für unser gemeinsames Vaterland und die Gesetzesordnung fordern, du mögest, im Fall der Tod dich zu schnell erreicht, nicht deine kleinen Söhne (parvuli) zu Erben des Römischen Reiches machen!“ Das soll nach der Historia Augusta (Tacitus 6, 8) ein Senator schon um das Jahr 275 einem Kaiser gesagt haben. Gemeint ist aber offenbar Theodosius I., der 395 im Alter von 48 Jahres starb.
Er hinterließ den Westen des Reiches dem am 9. 9. 384 geborenen Sohn Honorius, der schon im Januar 393 zum Augustus ernannt hatte. (Für den Osten hatte er den 377 geborenen Arcadius bestimmt, der schon seit 383 den Augustustitel trug.) Die Kinderkaiser der Spätantike waren in Wirklichkeit auch als Erwachsene kein „Ruhm der Römer“ (Gloria Romanorum) wie die Münzen verkünden. Trotzdem könnten sie geholfen haben das Römische Reich vor dem endgültigen Verfall zu bewahren. Auch Bilder können etwas bewirken. Diese Kinder verkörperten einen Retterkind-Glauben. Im Volk kann sich die Vorstellung erhalten haben, mit der Geburt eines bestimmten Kindes werde das „eiserne Zeitalter“ enden und ein „goldenes“ folgen. (Die Christen konnten darin zugleich das Jesuskind und das Kaiserkind sehen.) Durch das von oben gesandte Kind sollten die Länder vor der dauernden Angst (perpetua formidine) erlöst werden. Es werde dann einen befriedeten Erdkreis (pacatum orbem) regieren (so Vergil in den Bu…